SIMPLE-QUALITY
SIMPLE-QUALITY

Quality - Keep it simple...!!

Risikobasierter Ansatz ISO 9001:2015

Beitrag 15.01.2015, 09:05 Uhr
SQ-m-i-c-h
SQ-m-i-c-h
Level 1 = Community-Lehrling
*
Gruppe: Aktivierungsprozess
Mitglied seit: 24.01.2009
Beiträge: 2
Liebe Kollegen der Qualitätswelt,

die Revision der ISO9001 wird dieses Jahr einige grundlegende Veränderungen mit sich bringen.
Ein wesentlicher Aspekt in Kapitel 6 wird die Forderung nach einem Risikobasierten Ansatz sein.
Nachdem in diesem Atemzug Risiken und Chancen gleichzeitig genannt werden deutet meiner Ansicht nach einiges darauf hin, dass wohl eine SWOT - Analyse ein Ansatz sein könnte wobei die Norm natürlich weder explizit diese fordert noch ein umfassendes Risikomanagementsystem notwendig ist.

In größeren Unternehmen ist in diesem Zusammenhang ein ausgeprägtes Risikomanagement sicher sinnvoll.
Ich frage mich allerdings, wie ein Unternehmen mit z.B. 25 Mitarbeitern dieser neuen Normanforderung gerecht wird.

Wie seht ihr die Thematik?
Welche anderen Umsetzungsmöglichkeiten seht ihr für kleine Unternehmen?

Schöne Grüße

Michael
   
Beitrag 16.01.2015, 19:56 Uhr
qmdienstleistungen
qmdienstleistung...
Level 2 = Community-Facharbeiter
**
Gruppe: Aktivierungsprozess
Mitglied seit: 10.12.2007
Beiträge: 83
Hallo,

wir haben uns Gedanken zum Theme Risiko (ISO 9001 2015) gemacht.
Für kleine Betriebe haben wir eine Möglichkeit zur Umsetzung ermittelt.

http://www.qm-guru.de/leistungen/is0-9001-...-iso-9001-2015/


Wie findet ihr den Ansatz?
   
Beitrag 05.03.2015, 11:34 Uhr
SQ-m-i-c-h
SQ-m-i-c-h
Level 1 = Community-Lehrling
*
Gruppe: Aktivierungsprozess
Mitglied seit: 24.01.2009
Beiträge: 2
Vielen Dank für die Anregung!

Die Lösung erinnert ein bisschen an eine FMEA, wobei mir der Ansatz sehr gut gefällt. Meiner Ansicht nach sind alle Normpunkte erfüllt bei für ein kleines Unternehmen überschaubarem Aufwand.

Weiter finde ich die Punkte der ISO/DIS 9001:2014 recht klar.

Einzig beim Thema "Wissen der Organisation" habe ich noch Verständnisprobleme. Bei einem Mittel-/Großunternehmen ist ein Unternehmenswiki denkbar, Patent/Ideenmanagement, SAP-Datenbanken oder softwaretechnische Lösungen wo aufgetretene Reklamationen und Lösungen extrahiert und als "Wissen" bereitgestellt werden könnten.

Wenn wir aber wieder bei dem 25MA Betrieb bleiben. Welches Wissen besitzt ein Unternehmen, das im Prinzip nur Lohnfertigung nach Zeichnung des Kunden betreibt?
- Zeichnungen lesen können, das ist eine Kompetenz und kein Wissen
- Bedienung einer CNC-Maschine, das ist ebenso eine Kompetenz
- Angebote erstellen können und Kostenverständnis = Kompetenz

Ich bin gespannt ob ihr hierzu eine Idee habt!

Schöne Grüße

Michael
   
Beitrag 11.03.2015, 15:23 Uhr
cern_67
cern_67
Level 2 = Community-Facharbeiter
**
Gruppe: Aktivierungsprozess
Mitglied seit: 13.04.2011
Beiträge: 64
Hallo,

das 9001-Gremium hatte langweilig und hat ein neues Risikomanagement erfunden. Schön. Leute müssen wieder auf Schulung und es werden wieder viele Resourcen auf allen Seiten benötigt.
Aber um in Ruhe gelassen zu werden, sieht doch obiger FMEA-Ansatz gut aus.
Ich denke, den kann man in ner Stunde oder so selbst ausfüllen und den Auditoren zeigen.
Ob die Geschichte was bringt, wird sich im Laufe der Zeit zeigen.
Man kommt wohl nicht drumrumm.
Aber, wie gesagt, man kann dann wieder auf Kosten der Firma diverse Schulungen besuchen, denn man hat ja sonst nix zu tun.
Gruß
   
Beitrag 18.04.2016, 10:17 Uhr
Delf
Delf
Level 1 = Community-Lehrling
*
Gruppe: Aktivierungsprozess
Mitglied seit: 08.12.2015
Beiträge: 22
Mit dem Fokus auf den "risikobasierten Ansatz" lese ich oft Risikoregister, -liste, -verzeichnis, oder das Turtle-Diagrammm, als/ für die Umsetzung.

Nun frage ich mich, wie spezifisch man solch ein Risikoregister betrachten sollte?
Im produzierenden Unternehmen, gibt es etliche technische Risiken. Störungen div. Arten usw.
In welchem Rahmen sollte man nun diesen Ansatz sehen? Vor allem, mit Bezug zu 4.2 (interessierte Gruppen).

Im Gegensatz dazu, erscheint mir das Turtle-Modell vom Umfang her sehr gering (habe jedoch nie damit gearbeitet).


Wie habt ihr das vor? Bzw. was würdet ihr raten?
Ist der Umfang jedem Unternehmen wirklich selbst überlassen?




Beste Grüße
   
Beitrag 19.04.2016, 07:12 Uhr
tommmili
tommmili
Level 5 = Community-Ingenieur
*****
Gruppe: Aktivierungsprozess
Mitglied seit: 16.06.2010
Beiträge: 633
Hallo Delf,
Tatsache ist zumindest mal: die Norm gibt nix konkretes her - wäre ja auch echt mal was Neues gewesen...
Dann wird's wohl auf das Übliche hinauslaufen: die persönliche Einaschätzung des Auditors spielt eine gewichtige Rolle. Auf jeden Fall muss der risikobasierte Ansatz sozusagen flächendeckend vorhanden sein. Die Betrachtung (fertigungs)technischer Risiken war ja schon lange gefordert, jetzt geht's um das Umfeld und um die Risiken im Geschäftsführungsprozess.

Ausgehend von den möglichen Risiken wir die Sache uferlos, wir gehen deshalb von den Prozessen aus und betrachten die hierbei für das Unternehmen (NICHT für die interessierten Parteien - das wäre uferlos Nr. 2) drohenden Risiken. Immerhin kann man sich hierbei noch auf den prozessorientierten Ansatz rausreden...

Wir machen dann das Ganze noch in Stufen, um den Gesamtaufwand in Grenzen zu halten: erst wird der Gesamtprozess betrachtet und klassifiziert. Niederrisikoprozesse werden dann mit einem einfacheren System schrittweise betrachtet, hochrisikoreiche kriegen ne FMEA.

Zumindest mal hab ich es so vor....
Turtle und geringer Umfang halte ich für ein Gerücht:-)
Grüßle
T
   
Beitrag 19.04.2016, 07:54 Uhr
Delf
Delf
Level 1 = Community-Lehrling
*
Gruppe: Aktivierungsprozess
Mitglied seit: 08.12.2015
Beiträge: 22
QUOTE
Hallo Delf,
Tatsache ist zumindest mal: die Norm gibt nix konkretes her - wäre ja auch echt mal was Neues gewesen...
Dann wird's wohl auf das Übliche hinauslaufen: die persönliche Einaschätzung des Auditors spielt eine gewichtige Rolle. Auf jeden Fall muss der risikobasierte Ansatz sozusagen flächendeckend vorhanden sein. Die Betrachtung (fertigungs)technischer Risiken war ja schon lange gefordert, jetzt geht's um das Umfeld und um die Risiken im Geschäftsführungsprozess.

Ausgehend von den möglichen Risiken wir die Sache uferlos, wir gehen deshalb von den Prozessen aus und betrachten die hierbei für das Unternehmen (NICHT für die interessierten Parteien - das wäre uferlos Nr. 2) drohenden Risiken. Immerhin kann man sich hierbei noch auf den prozessorientierten Ansatz rausreden...

Wir machen dann das Ganze noch in Stufen, um den Gesamtaufwand in Grenzen zu halten: erst wird der Gesamtprozess betrachtet und klassifiziert. Niederrisikoprozesse werden dann mit einem einfacheren System schrittweise betrachtet, hochrisikoreiche kriegen ne FMEA.

Zumindest mal hab ich es so vor....
Turtle und geringer Umfang halte ich für ein Gerücht:-)
Grüßle
T


Hey, vielen Dank für die Antwort!
Als Student (BA) und Praktikant fehlt es mir noch am Verständis in dieser Norm, deshalb entschuldige ich mich auch im Vorfeld dafür.

Neben den Kernprozessen (Beschaffung, Geschäftsführung, Produktion/Fertigung usw.) werden wir auch den Ansatz zu den "interessierten Parteien" suchen (Kp. 4.2). Das heißt also, inklusive aller Stakeholder. Diese wurden auch bereits festgestellt.

Die Stufenweise erarbeitung finde ich gut! Aber kannst du ein wenig spezifischer gehen?
Eine Risikoliste mit einer groben Bewertung und Priorisierung?

Mit dem Turtle habe ich mich noch nicht befasst, sollte ich aber wohl mal machen (:

Darf ich mich auch bei dir "intern" melden?


Mit besten Grüßen
   
Beitrag 21.04.2016, 06:58 Uhr
tommmili
tommmili
Level 5 = Community-Ingenieur
*****
Gruppe: Aktivierungsprozess
Mitglied seit: 16.06.2010
Beiträge: 633
Hallo Delf,
Du kannst Dich natürlich gerne auch "intern" melden, wobei ich es grundsätzlich besser finde, dieses Thema öffentlich zu diskutieren - hier gibt es allgemein schon noch reichlich Austauschbedarf.
Bitte auch mal nach älteren Beiträgen suchen, da wurde - nicht nur von mir - bereits eine Menge geschrieben.
Die Vorgehensweise ist wie folgt: Jeder Prozess wird als Ganzes bewertet, es gibt 5 Fehlergrade: äußerst schwerwiegend, schwerwiegend, mittel, leicht, nicht oder kaum wahrnehmbar, bewertet auf einer Skala 10-1. Dazu 6 Stufen der Eintrittswahrscheinlichkeit, abgestuft von sehr wahrscheinlich (sehr oft, mehrmals jährlich) bis ausgeschlossen (fast nie, seltener als 1xin 20 Jahren), Skala: 10 - 1.
Jeder Fehlergrad (a wie Auswirkung) wird mit seiner Eintrittwahrscheinlichkeit (E) bewertet, das Produkt E*A gebildet und über die 5 Fehlergrade aufaddiert (ergibt min 5, max 280).
Die Bewertungszahl wird klassifiziert in: <50: geringes Risiko, bis 120 mittleres, ab 121: hochriskant.
Schritt 2: die Prozesse werden Schritt für Schritt betrachtet, und zwar die hochriskanten mit FMEA (= 3-dimensionale Risikobetrachtung) , die mittel- und geringriskanten mit 2- bzw 1-Dimensionalen Werkzeugen.
Grüßle
T
   
Beitrag 21.04.2016, 07:57 Uhr
VivianM
VivianM
Level 1 = Community-Lehrling
*
Gruppe: Aktivierungsprozess
Mitglied seit: 21.03.2013
Beiträge: 42
Hallo Tommmili,

ich stelle voran, eine Risikobewertung ist in jedem Falle sinnvoll und auch notwendig - da gibt es meinerseits keine Zweifel. Wenn alle das schön tun würden, gäbe es weniger Pleiten und Pannen, die man mit Pech entschuldigen versucht.

Die Forderungen, die Du beschreibst, finde ich in der ISO 9001 und in entsprechender Fachliteratur in dem gigantischen Umfang und in dieser Tiefe nicht wieder.

Bist Du Dir sicher, dass nicht vielleicht Dein individueller Anspruch an ein Risikomanagement höher ist, als die tatsächliche Normforderung? Ich weiß, die Frage ist sehr provokant. wink.gif

Aber die Norm soll für Klein- und Kleinstunternehmen (z. B. mein Arbeitgeber mit 20 MA) genau so anzuwenden sein wie für Konzerne, die deutlich mehr QM-Performance und QM-Personal haben. Ich habe z. B. das Problem, ich hätte keine Probleme, Deine Tipps in einem großen Unternehmen mit einem schon über Jahre toll entwickelten und reifen QMS umzusetzen. Aber in dieser schönen Situation bin ich nicht. Ich muss die Normforderungen auf ein sehr kleines Unternehmen herunterbrechen. Damit habe ich deutlich mehr Probleme.

Wie soll ein unerfahrener BA-Student die verschiedenen Nuancen auseinanderhalten? Es gibt ja nicht umsonst Steigerungsformen über 9001 zu TQM, Ludiwig-Erhard-Niveau oder sogar EFQM.

Ich denke,eine Diskussion über sinnvolle Grenzen wäre ganz interessant.

Sonnige Grüße

Vivian
   
Beitrag 21.04.2016, 08:35 Uhr
SQ-Ute
SQ-Ute
Level 2 = Community-Facharbeiter
**
Gruppe: Aktivierungsprozess
Mitglied seit: 01.03.2007
Beiträge: 124
Hallo VivianM,

ich denke viele Wege führen nach "Rom". Es ist aus Sicht der Norm jedem selbst überlassen, wie er es tut (Turtle, FMEA, Matrix, was auch immer) - nur es muss gemacht werden.

Soweit, so gut, und natürlich kommt es immer auf die Größe des Unternehmens an, und ich verstehe, was Du meinst.

Ach ja, und der Aussage, das EFQM eine Steigerung ist, dieser widerspreche ich hiermit...EFQM ist nur eine Steigerung, wenn es eine im Vorfeld umgesetzte Norm gibt. EFQM ohne eine Norm heißt, ein Dach auf ein Haus setzen, ohne das der Keller gebaut wurde...ich hänge gerade in so einem System, und es ist für mich nicht zielführend.

VG
Ute
   
Beitrag 21.04.2016, 10:04 Uhr
VivianM
VivianM
Level 1 = Community-Lehrling
*
Gruppe: Aktivierungsprozess
Mitglied seit: 21.03.2013
Beiträge: 42
Hallo Ute,

der Aussage, dass es EFQM nur durch eine vorher umgesetzte Norm möglich ist, widerspreche ich. EFQM ist nicht die Steigerung im Bereich der Normen, sondern eher in der Qualität der gesamten Unternehmensorganisation inkl. QMS.

Was hält eine Firma davon ab, Qualitätsmanagement vollkommen ohne Berücksichtigung einer Norm auszuüben? Eine Norm ist ein Leitfaden, eine Richtschnur. Qualitätsmanagement wird nicht ausschließlich durch die Umsetzung einer bestimmten Norm möglich. Ein Unternehmer kann z. B. einfach nur daran interessiert sein, umfassend gute Arbeit zu leisten und sein Unternehmen erfolgreich zu entwickeln. Vielleicht hat er ja auch den Masing gelesen.

Es gibt natürlich Firmen, welche die Anforderungen der 9001 kaum erfüllen können und meinen, weil sie trotzdem ein Zertifikat haben und so vor Selbstbewusstsein strotzen, dass sie meinen, gleich im ersten Rutsch den LEP zu erreichen. Ich habe das auch schon erlebt. Es ist dann immer schwierig intern zu erklären, was QM tatsächlich heißt. Wenn das Ziel dann nicht erreicht wird, köpft man meistens der QMB.

Schöne Grüße
   
Beitrag 21.04.2016, 10:28 Uhr
SQ-Ute
SQ-Ute
Level 2 = Community-Facharbeiter
**
Gruppe: Aktivierungsprozess
Mitglied seit: 01.03.2007
Beiträge: 124
Hallo,


wir meinen das Selbe, ich habe mich möglicherweise etwas ungünstig ausgedrückt...vll. ist Standard hier der besser Begriff...wenn Du aber keine oder nur wenige Standards hast und dann mit EFQM anfängst, ist das die absolute Katastrophe.
Ich möchte und kann an dieser Stelle nicht näher ins Detail gehen...
VG
Ute
   
Beitrag 21.04.2016, 12:07 Uhr
VivianM
VivianM
Level 1 = Community-Lehrling
*
Gruppe: Aktivierungsprozess
Mitglied seit: 21.03.2013
Beiträge: 42
Hallo Ute,

die Details braucht es nicht ... ich weiß, was Du meinst. Ich hoffe, es geht dank Deines Engagements irgendwie gut aus.

Es soll ja auch positive Beispiele geben.

Aber unsere Diskussion führt weg vom Thema Risikomanagement in der 9001.

Viel Erfolg

Vivian
   
Beitrag 21.04.2016, 13:34 Uhr
tommmili
tommmili
Level 5 = Community-Ingenieur
*****
Gruppe: Aktivierungsprozess
Mitglied seit: 16.06.2010
Beiträge: 633
Hallo Vivian,
alles eine Frage der Relation....

Wenn das übelste, was ich mich meinem Unternehmen anrichten kann, darin besteht, daß mein Kunde leicht angesäuert ist, weil ich ihm statt der bestellten Schrauben M8 welche in M6 geschickt habe, dann gebe ich Dir Recht: meine Vorstellungen von Risikomanagement sind (stark) übertrieben.

Wie stellst Du Dich dieser Einschätzung gegenüber , wenn es passieren kann, daß ich meinen Kunden mit der an ihm verbrachten Dienstleistung umbringe (und das ist NICHT im übertragenen Sinn, sondern wörtlich gemeint)?

Grüßle
T
   
Beitrag 22.04.2016, 19:03 Uhr
SmctManagement
SmctManagement
Level 1 = Community-Lehrling
*
Gruppe: Aktivierungsprozess
Mitglied seit: 14.07.2012
Beiträge: 8
Das "Risikobasierte Denken" der neuen ISO 9001:2015 kann man mit herkömmlichen Bordmitteln einfach und wirksam realisieren. Für mich ist die Turtle Methodik hierfür ein geeignetes Werkzeug um auch die Risiken von Geschäftsprozessen sinnvoll darzustellen - auf meiner Seite: http://www.smct-management.de/prozessanalyse/ habe ich ein Beispiel wie man mit der Turtle Methodik den Prozess Ansatz sowie das risikobasierte Denken der neuen Revision ISO 9001:2015 darstellen kann.
   
Beitrag 26.04.2016, 07:41 Uhr
tommmili
tommmili
Level 5 = Community-Ingenieur
*****
Gruppe: Aktivierungsprozess
Mitglied seit: 16.06.2010
Beiträge: 633
Hallo smctManagement
vielen Dank für den link, ich habe mir das mal angeschaut und es hat mich tatsächlich in meiner Meinung bestärkt: turtle ist enorm aufwendig - ausser man hat die Dinger sowieso. Aber mal Hand aufs Herz: wer hat durchgängige Prozessdarstellungen als turtle?
Zum Zweiten: die Auflistung der Prozessrisiken ist recht umfassend und prozessbezogen gemacht - nur leider fehlt halt die Bewertung. Die aber ist unabdingbar notwendig um potenzielle Baustellen abzugrenzen von Themen die als eher harmlos einzustufen sind.

Nach meiner Erfahrung ist der Aufwand zur Erzielung eines innerbetrieblichen Konsens gerade bei der Bewertung am höchsten. Und nur risikobasiert Denken reicht halt nicht - ein bißchen Tun gehört schon auch dazu.
Grüßle
T
   
Beitrag 26.04.2016, 10:22 Uhr
SmctManagement
SmctManagement
Level 1 = Community-Lehrling
*
Gruppe: Aktivierungsprozess
Mitglied seit: 14.07.2012
Beiträge: 8
Guten Morgen,

das Turtle oder auch Prozesssteckbrief ist keine Prozessbeschreibung! Das haben Sie missverstanden. Bei vielen Audits werden mir Prozessbeschreibungen gezeigt, die weder einen Prozesskunden, Prozesslieferanten noch ein oder mehrere Prozessziele beinhalten. Lediglich sind die Prozessschritte in einem Flussdiagramm aufgeführt, eventuell mit In- und Outputs und Definition des Prozesseigners.

Mit dem Turtle oder Prozesssteckbrief sollte man im Vorfeld, bevor ich die Prozessbeschreibung erstelle, im Team einmal den ganzen Prozess durchleuchten. Was braucht der Mitarbeiter um den Prozess überhaupt starten zu können (Input, Prozesslieferant), was fordert der Prozesskunde (Output), was sind die Prozessrisiken usw.. Das kann ich alles sauber und übersichtlich in einem Turtle abbilden und später in meine Prozessbeschreibung übernehmen.

Die Prozessrisiken die ich identifiziert habe, müssen natürlich in eine Matrix (Excel) übertragen werden. Diese werden nach Prioritäten aufgelistet und bearbeitet - Kriterien: Risiko hoch, mittel, schwach und einer Beschreibung was bedeutet Risiko hoch ...! Sie können das auch mit der FMEA Methodik erstellen, das wäre dann aber bei vielen Unternehmen zu aufwendig.

Beim Audit stelle ich gerne die Frage warum gerade die Risiken identifiziert worden sind? Dabei kommen manche schon ins Schleudern. Mit dem Prozesssteckbrief habe ich eine übersichtliche Darstellung wo auch die Auditoren sehen, dass sie sich im Vorfeld einer Prozessbeschreibung darüber auch Gedanken gemacht haben (Herleitung).

Das das am Ende Arbeit bedeutet ist mir klar, aber so haben Sie den Prozess sauber abgebildet. Ich möchte mich nicht dazu äussern, wie bei vielen ISO 9001 zertifizierten Unternehmen die ganze Thematik Prozessbeschreibung, Darstellung der Prozessrisiken usw. gehandhabt wird.

Vg
Stefan
   
Beitrag 26.04.2016, 10:47 Uhr
doomenik
doomenik
Level 3 = Community-Techniker
***
Gruppe: Aktivierungsprozess
Mitglied seit: 10.02.2016
Beiträge: 171
Guten Tag zusammen,

risikobasierter Ansatz ist für mich etwas ganz neues, daher mal eine kleine Frage.

Wo ist der Unterschied zu Notfallplänen und FMEA ? So gesehen sind die Notfallpläne für größere Ausfälle und FMEAs für kleinere Ausfälle/Fehler.

Ich sehe aktuell noch keinen Sinn dahinter alle Punkte noch einmal extra zu bewerten.

Übersichtlicher wäre es sicherlich, aber bei über 40 Notfallplänen und 1000+ Fehleranalysen eine utopische Umsetzungszeit.
   
Beitrag 26.04.2016, 13:01 Uhr
VivianM
VivianM
Level 1 = Community-Lehrling
*
Gruppe: Aktivierungsprozess
Mitglied seit: 21.03.2013
Beiträge: 42
Hallo zusammen,

ich sehe für mich bei der ganzen Thematik immer das Problem, dass die Diskussion immer zwischen Extremen und Idealfällen hin und her zu pendenln scheint.

Ich beschäftige mich mit der Frage, wie finde ich ehr das richtige Maß für die Risikobewertung lt. 9001:2015 ohne unnötig über das Maß hinauszuschießen und auf der anderen Seite keine unnötigen Abweichungen im Zert.-Audit zu provozieren - für den Anfang.

Ich werde für die Hauptprozesse das Turtle einführen, schon um den Prozessansatz deutlicher zu machen und zu etablieren und damit das Bewusstsein für die Prozesssicht, Prozesslieferant, -eigner und -kunde usw. zu schärfen.

Wenn ich jeden Teilprozess dieser doch sehr aufwändigen Prozedur unterziehe oder sogar jeden Prozessschritt (wie es teilweise vorgeschlagen wird), werde ich keine Akzeptanz finden - weder bei der GL noch bei den Mitarbeitern.

Grüße

Vivian
   
Beitrag 26.04.2016, 13:21 Uhr
SmctManagement
SmctManagement
Level 1 = Community-Lehrling
*
Gruppe: Aktivierungsprozess
Mitglied seit: 14.07.2012
Beiträge: 8
Hallo,

in Teilen kann ich Dir zustimmen. Zumindest würde ich das bei den KOP (Kundenorientierten Prozessen) einführen. Trotzdem stellt sich mir immer die Frage, warum Firmen eine Norm implementieren. Nur um den Kunden zu befriedigen oder um ein Qualitätsmanagement System aufzubauen, dass das Unternehmen auch hinsichtlich von strukturierten Prozessen tatsächlich nach vorne bringt. Die Akzeptanz muss ich mir aufbauen und zwar bevor ich Anfange ein QM System zu implementieren. Da gehört viel Überzeugungsarbeit dazu. Ich muss den Mitarbeitern den Mehrwert aufzeigen können, den ich dadurch erreichen möchte. Man spricht immer davon dass ich mich durch ein QM System z.B. ISO 9001 vom Wettbewerb abhebe - in Deutschland gibt es über 100.000 zertifizierte ISO 9001 Unternehmen. Jedes Unternehmen hat die ISO implementiert - um sich wirklich vom Wettbewerb abzuheben, muss ich halt ein QM System implementieren, dass besser, strukturierter, und dem Ziel der Kundenzufriedenheit durch Null-Fehler-Produkte näher kommt als der Wettbewerber - einfach eine Schippe drauflegen.
   
Beitrag 27.04.2016, 07:48 Uhr
VivianM
VivianM
Level 1 = Community-Lehrling
*
Gruppe: Aktivierungsprozess
Mitglied seit: 21.03.2013
Beiträge: 42
Hallo Stefan,

die Diskussion führt weg vom eigentlichen Thema.

Trotzdem mein Kommentar zu Deinem Beitrag:

Diese Diskussion ist so alt, wie es QM-Normen und Zertifizierungen gibt.

Viele Firmen implementieren eine Norm einfach nur, um ein nettes Zertifikat an der Wand zu haben und an ihre Kunden verschicken zu können. Punkt. Alles andere wäre QM-Romantik. Punkt. Und genau das fordern viele Kunden von ihnen. Sie wollen irgend ein Zertifikat von ihrem Lieferanten und sind glücklich. Oder fragen Sie bei jedem Ihrer möglichen täglichen Einkäufe im Bioladen bei Produkten mit Biosiegel genau nach, ob das enthaltene ggf. Palmöl ökologisch vertretbar angebaut wurde oder ob doch dafür Wald in Indonesien abgeholzt wurde und fordern auch noch Beweise dafür - führen also direkt ein Audit durch, um die Angaben des Verkäufers zu prüfen? Ich wette, auch Sie vertrauen im Alltag ganz einfach vielen Siegeln und Zertifikaten, egal ob für Lebensmittel, Kleidung oder was auch immer.

Es ist auch nicht meine Aufgabe als QM-Verantwortliche, mich in die Rolle der Geschäftsleitung zu begeben und diese gegen ihren Willen glücklich zu machen, indem ich sie pausenlos missioniere, um sie von meinen persönlichen Idealvorstellungen von einem wirksamen und sinnvollen QMS zu überzeugen. Ich trage weder das unternehmerische Risiko noch gehört mir als QM-Verantwortliche das Unternehmen. Was eine Geschäftleitung oder der Gesellschafter im Bereich QMS umzusetzen bereit ist, ist allein ihre/seine Entscheidung.

Ich kann meine schönen Vorstellungen, die tollen Möglichkeiten und den tollen Zusatznutzen von QM immer wieder anpreisen, verkaufen, missionieren und was weiß ich nicht noch alles. Aber dazu "Ja" sagen muss der Unternehmer selbst. Mancher Unternehmer schaut halt gerade nur auf den Stein, der direkt vor seinen Füßen liegt und nicht auf den Abgrund der 10 Meter weiter auf ihn wartet. Ich kann versuchen, ihn zu animieren, den Kopf zu heben, um etwas weiter schauen zu können. Ich kann es ihm raten. Aber ich kann ihn nicht an den Haaren zerren und ihn zwingen den Kopf zu heben und die Augen nach vorn zu richten. Um mal in der Bildsprache zu bleiben.

Man kann sich auch in den Burn Out missionieren. Manchmal geht es in unserem Job einfach auch nur um Schadensbegrenzung.

Sorry, mir gehen Berater und Auditoren gewaltig auf die Nerven, die bei Ihrem Auftritt im Unternehmen zu gern mal den QM-Verantwortlichen inkl. der 2 Führungsriege zusammenfalten und mit Verantwortung überhäufen und so tun, als ob sie allein für das Wohl des Unternehmens verantwortlich seien ... und sorry, nicht den A.... in der Hose haben, die Geschäftleitung/Gesellschafter auf ihre Defizite bezüglich der Unternehmensführung anzusprechen.

Die eine Welt ist die schöne Theorie nach Masing, Deming und Co. Die andere Welt ist die reale mit Firmen die ein TOP-QMS pflegen und Firmen die irgend einen Auditor bestochen haben, um das jeweilige Zertifikat zu bekommen und mit ganz vielen Graustufen dazwischen.

Vivian
   
Beitrag 27.04.2016, 13:10 Uhr
N_Unzicker
N_Unzicker
Level 4 = Community-Meister
****
Gruppe: Aktivierungsprozess
Mitglied seit: 04.02.2009
Beiträge: 562
Hallo Vivian,
super schön und anschaulich beschrieben. Danke, es war fast an der Realität. Wir haben ein integriertes IMH in der Firmengruppe im In und Ausland. Glücklicherweise für mich in Deutsch. Auch meine Vorstellung sind die Turtle Diagramme, für die einzelnen Prozesse aus der grafisch dargestellten Prozesslandschaft. Werde diese mit den Risiken ergänzen. Geht aber nur mit den Prozesseignern. Somit bekomme ich die Verantwortlichen mit auf die “Reise“ und bekommt eine Eigendynamik. Prozesskennzahlen werden in eine Übersichtsmatrix verankert und den Verantwortlichen als Werkzeug übergeben. Ist somit bereits die Basis zum Management – Review.
Gruß Norbert
Bearbeitungsgrund: Korrektur
   
Beitrag 27.04.2016, 13:11 Uhr
tommmili
tommmili
Level 5 = Community-Ingenieur
*****
Gruppe: Aktivierungsprozess
Mitglied seit: 16.06.2010
Beiträge: 633
Hallo zusammen,
interessante Aspekte - und die Erkenntnis ich lebe im Wunderland... mit einer deutlich QM- und AS-orientierten GL (ich bin nebenbei noch Koordinator AS), und der erforderlichen Unterstützung. Aber ich will Euch mal nicht neidisch machen.

Zurück zum Praxisbezug: ich habe für ein paar Prozesse, deren Eigner ich bin, die Risikobeurteilung für den Gesamtprozess durchgeführt, Dauer mit handschriftlicher Doku: rund eine Stunde pro Prozess. Die zusätzlichen eineinhalb bis zwei Stunden um ein ordentliches und einigermassen vollständiges turtle zu erstellen hab ich schon mal gespart.

Am Ende dieses Schrittes steht eine Risikobewertung in Zahlen die systemintern zumindest zum Vergleichen nach dem Motto: "jetzt such ich mir die drei größten Fallen raus" taugt. Kann ich beim Audit präsentieren - fertig (wenn ich mich traue, ich hab im Vorfeld schon mal mit unserem Auditor abgestimmt und der entlässt uns nicht aus der Pflicht, jeden Prozessschritt zu bewerten - aber da ist das letzte Wort noch lange nicht gesprochen).

Nicht fertig bin ich allerdings auch in dem Fall, in dem ich richtig Schaden anrichten kann, d.h. wo Leib, Leben und Gesundheit meines Kunden vom fehlerfreien Arbeiten abhängt - und da darfs dann ein bißchen mehr sein.

Versteht mich nicht falsch, in Anbetracht fehlender finanzieller Beteiligung hält sich mein Missionsgeist in Grenzen, die Sache wie vorgeschlagen aber als überdimensioniert zu bewerten trifft die Sache mE nicht so richtig.

Grüßle
T
   
Beitrag 28.04.2016, 15:54 Uhr
Aranard
Aranard
Level 3 = Community-Techniker
***
Gruppe: Aktivierungsprozess
Mitglied seit: 21.09.2011
Beiträge: 169
Sehr interessanter Thread geworden.
Vor allem dass sich ebenfalls einige als "strauchelnde Weltenretter" outen. biggrin.gif Missionieren ist schon immer Harte Arbeit. Am Ende ist es wichtig: "zufriedene Kunden", die wiederkommen.

Um aber bezüglich des Threads zurückzukommen. Wie der Risikobasierte Ansatz gelebt wird, ist doch normentechnisch nicht festgelegt, somit hat jeder seine "Freiheiten".
Der Turtle Ansatz ist ganz gut um für die einzelnen Prozesse grafisch dargestellt zu bekommen, welche Risiken für Vor- bzw. Nachfolgende Prozesse, Kunden etc. bestehen.
Jedoch sehe ich hier nach mehrmaligen Gesprächen, dass die Übersichtlichkeit und Flexibilität in der Dokumentation kaputt geht und der Arbeitsaufwand steigt gewaltig die einzelnen Prozessstammblätter, Turtle´s wie auch immer dass alles genannt wird zu pflegen.
Am Ende der Gespräche bzw. Meinungen landet man in einer Liste bzw. Matrix, z.B. über Excel, hier ist genügend Flexibilität gegeben. Die Liste kann man ebenfalls Prozessbezogen verknüpfen. Was hält einem davon ab. Zwei/Drei Spalten hinzuzufügen und reinzuschreiben (Prozess 1/2....). Man kann die Risiken bewerten, wenn man mag nach FMEA Schema, Nohl etc...

Am wichtigsten ist jedoch das das ganze in den Managementreview von der GL bewertet wurde und entsprechend Maßnahmen abgeleitet sind. Hier sehe ich den Knackpunkt für Audits.

Interessant ist dieser Satz der Norm 9001:2015.
"Maßnahmen zum Umgang mit Risiken und Chancen müssen proportional zur möglichen Auswirkung auf die Konformität von Produkten und Dienstleistungen sein."
   
Beitrag 29.04.2016, 09:54 Uhr
VivianM
VivianM
Level 1 = Community-Lehrling
*
Gruppe: Aktivierungsprozess
Mitglied seit: 21.03.2013
Beiträge: 42
Hallo Aranard,

"Vor allem, dass sich ebenfalls einige als "strauchelnde Weltenretter" outen.

Da gibt es immer diejenigen, die von Ihrer Kanzel oder Ihrem Elfenbeinturm predigen, die Welt zu retten (Berater, externe Auditoren etc.) und diejenigen die retten und dabei straucheln und sich dabei eine "blutige Nase" holen.

Hmmm, wer ist wohl mit "outen" gemeint? Kann man sich hier outen?

Schönes Wochenende
   
1 Besucher lesen dieses Thema (Gäste: 1)
0 Mitglieder: